Experte: So zocken Apotheken ab

  • 19.02.2013, 12:17 Uhr | ema


    Derzeit schnieft und hustet es wieder überall. Doch wer mit seiner Erkältung in die Apotheke geht, kommt um viele Euros ärmer wieder heraus, und wird zudem noch schlecht beraten. Das fand das NDR Verbraucher- und Wirtschaftsmagazin "Markt" in einer Stichprobe von zehn neorddeutschen Apotheken heraus. Demnach verkauften gleich mehrere Apotheken viel zu viele Medikamente - ohne Rücksicht auf den Patienten. Mediziner und Pharmakologen sind über dieses Ergebnis entsetzt.


    Sieben Medikamente für 50 Euro


    Gleich sieben Medikamente für insgesamt 50 Euro verkaufte eine Apothekerin einem einzigen Kunden mit Erkältungsbeschwerden wie Schnupfen, schleimigem Husten und leichtem Fieber: Nasentropfen, Paracetamol, ein Kombipräparat in Form von Eukalyptusölkapseln, Hustensaft gegen Reizhusten, Acetylcystein zum Schleimlösen, Salbe zum Einreiben und Inhalieren und ein Vitaminkomplexpräparat. Eine andere Apotheke verkaufte fünf Medikamente für 40 Euro. Doch dabei handelte es sich nicht um Ausnahmen: Fast alle haben viel zu viel verkauft. Rund 30 Euro haben die zehn getesteten Apotheken im Durchschnitt für Erkältungsmittel kassiert.

    Gefährliche Wechselwirkungen möglich


    Der Allgemeinmediziner Doktor Martin Scherer vom Institut für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf ist entsetzt über diese Medikamentenberge und sagt, der Patient könne sich einen Großteil des Geldes sparen. Er hält die Empfehlungen der Apotheken nicht nur für teuer, sondern auch für gefährlich. "Ab fünf Medikamenten wird es kritisch mit den Interaktionen und Wechselwirkungen der einzelnen Medikamente", kritisiert der Arzt.


    Drei Medikamente reichen


    "Für dumm verkauft und abgezockt" werden Patienten laut Roland Seifert, Direktor des Instituts für Pharmakologie in Hannover. Seiner Ansicht nach ist man bei einer Erkältung mit drei Medikamenten bestens ausgestattet: Ein Fiebermittel, Nasenspray und Hustenlöser. "Da sind Sie mit zehn bis zwölf Euro dabei", schätzt Seifert. Das ist nur ein Drittel der Summe, die Apotheken im "Markt"-Test durchschnittlich verlangten. Nur eine einzige Apotheke verkaufte in der "Markt"-Stichprobe eine solche Kombination. Die anderen empfahlen auch Substanzen, deren Wirksamkeit nicht bewiesen ist. So etwa Zink: "Es gibt keinen Hinweis, dass die zusätzliche Zufuhr von Zink einen förderlichen Effekt bei viralen Infekten hat", erklärt Pharmakologe Seifert im NDR-Interview. Das gleiche gelte auch für Vitamin-C-Präparate.


    Ausführliche Beratung ist Pflicht


    Dabei sind Apotheker laut Apothekenbetriebsordnung gesetzlich verpflichtet zu beraten. Doch ebenfalls nur in einer einzigen Apotheke wurde überhaupt nachgefragt, unter welchen Erkältungssymptomen der Patient tatsächlich leide und welche Medikamente er sonst noch nehme. Dabei hatte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) dem NDR bereits mehrfach zugesichert, das Bewusstsein der Apotheken zu stärken, damit so etwas nicht mehr vorkommt. Zu der aktuellen Stichprobe aber wollte der ABDA kurzfristig keine Stellungnahme abgeben.


    Quelle: T-Online.de

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    Leo Tolstoi

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