Ward ihr schon mal bei einem Klassentreffen?

  • Das Klassentreffen der Hauptschule am vorigen Freitag war schön.


    Ich muss dazu sagen, dass wir damals in der Hauptschule zwei Parallel-Klassen hatten mit drei Leistungsgruppen. Das war ein neuer Schulversuch und wir waren die Ersten an denen er durchgeführt wurde und hat sich auch bewährt. In meiner Stamm-Klasse waren wir Schüler aus meinem Ort und in der Parallel-Klasse waren Schüler aus anderen kleinen Dörfchen. Nur in den Leistungsgruppen Deutsch, Englisch, Mathematik, waren wir gemischt, je nach Leistung.


    Daher waren wir ca. 65 Schüler, zum Klassentreffen kamen aber nur ca. 45 ehemalige Klassenkameraden.

    Einige sind schon verstorben, einige ins Ausland ausgewandert, einige krank, einige im Urlaub und ein paar wollten einfach nicht kommen.


    Vor der Hauptschule mussten wir eine halbe Stunde warten bevor die Führung mit der Frau Direktor anfing. Man begrüßte sich, stellte sich vor und dann wurden diese Standard-Fragen gestellt wie: Wie geht es dir? Wo wohnst du jetzt? Bist du verheiratet? Hast du Kinder? Wie viele Enkel hast du schon?


    Mehr als die Hälfte der Leute hätte ich nicht wieder erkannt. Sie waren mir völlig fremd als ich kam. Da standen so viele ältere Herrn und Damen herum die ich überhaupt nicht kannte. Es ist ja wirklich witzig, man drückt als Teenager gemeinsam die Schulbank und trifft sich als Rentner wieder.


    Darunter war auch T. das war der Nachbarsjunge mit dem ich als Kind gemeinsam mit anderen Kindern viel gespielt hatte. Schon in der Volksschule war ich heimlich verliebt in ihn gewesen und in der Hauptschule ebenfalls. Dann ist er weggezogen. Ich habe ihn schon sehr lange nicht mehr gesehen. Er sah auch jetzt so fesch, cool und lässig aus, wow! In der Schulzeit war er so ein aufgeweckter Junge gewesen, er hatte die tollsten Ideen, war kreativ, witzig und stellte den Lehrern die originellsten Fragen. Aber jetzt begrüßte er mich genauso teilnahmslos wie er auch die anderen begrüßte. Er wirkte irgendwie abwesend, ohne Regung, wie ein Roboter. Was hatte das Leben aus ihm gemacht? Ich habe ihn nicht gefragt, ich nahm seine Distanz hin.


    Wir hatten auch eine Türkin als Klassenkameradin. Das war damals die erste Türkin in unserer Schule, eine Sensation! Sie ist Dolmetscherin geworden und eine wunderschöne Dame mit langen, blonden Haaren und so schick gekleidet und sehr nett.


    Die Führung durch die Schule war interessant, wir konnten alle Räume anschauen und die Direktorin erklärte viel. Die Schulküche, wo die Mädchen kochen lernen, war sehr neu und schön. Ich las am Speiseplan, dass heute auch vegetarische und vegane Speisen gekocht werden.

    Im Turnsaal und auf der Treppe die auf den Schulhof führt, wurden Gruppenfotos gemacht.


    Wieder draußen vor der Schule kam R. auf mich zu, stellte sich aber nicht vor und meinte gleich, dass sie mich mit ihrem Auto mitnehmen könnte. Ich war sehr froh und dankbar dafür. Ich dachte nach ihrem Aussehen und ihrer Art, dass sie die Frau unseres Klassenvorstands wäre, eine Lehrerin die uns auch unterrichtet hat. Erst beim Einsteigen in ihr Auto sagte sie, dass sie in dem Haus gegenüber der Schule gewohnt hatte und es stellte sich heraus, dass sie eine nette Klassenkameradin war! So kann man sich täuschen.


    Sie outete sich auch als Grüne und war begeistert, als ich erzählte, dass wir kein Auto mehr haben und alles mit dem Fahrrad erledigen. Sie meinte, dass sie und ihr Mann nun auch nur mehr dieses eine kleine Auto haben. Total entsetzt und wütend reagierte sie, als sie bemerkte dass sich da ca. 40 Autos in Richtung Heurigenlokal fort bewegten, eines nach dem anderen. Das hätte man besser organisieren müssen meinte sie! Müssen doch nicht 40 Autos in denen nur 1 Person drinnen sitzt da hin fahren!!!! Ich erwiderte, dass die Leute ja auch zu unterschiedlichen Zeiten wieder heim fahren wollen. Daher ist das nicht so leicht zu bewerkstelligen.


    In dem großen Heurigenlokal ergab es sich, dass ich an einem Tisch neben drei schwergewichtigen Herrn und zwei schwergewichtigen Damen, von denen ich nur von einer Dame wusste wer sie ist, zum Sitzen kam. Die anderen musste ich fragen wer sie sind? Da hörte ich den Vornamen D. von einem dieser Männer und mir fiel schlagartig ein, wer dieser D. war - das schlimmste Großmaul in der Klasse! Ich dachte nur: Oh Gott, Hilfe! Wo bin ich da nur hingeraten? Dieser D. hatte nach wie vor eine laute, kräftige Stimme und redete wie aufgezogen. Er unterhielt den ganzen Tisch mit seinen Geschichten und ich bemerkte, dass er doch ein recht sympathischer, charmanter Mann geworden ist.


    Wenn D. nach draußen rauchen ging, kamen die anderen Leute am Tisch auch mal zu Wort. Die Gespräche handelten von ihren süßen Enkeln, der Hausrenovierung, dem neuen Auto, den Urlaubsreisen, Gasthäusern die zusperrten, Tratschereien, ... was ich alles nicht so spannend fand.


    Das Lokal fand ich super schön und gemütlich, auch sehr groß, so dass sich der Lärm ausbreiten konnte. Auch das Essen und Trinken fand ich wunderbar. Auf der Speisekarte standen auch viele Weinsorten und viele Getränke ohne Alkohol oben. Ich trank einen Hollersaft mit Mineralwasser aufgespritzt, das heißt bei euch Holunder-Schorle und bestellte Vegetarische Aufstriche mit Käsestangerln. Schmeckte sehr gut und war billig. Ich bezahlte für alles nur 11 Euro.


    Mir wurde schnell langweilig und als die Leute alle nun Wein bestellten (obwohl sie mit ihrem Auto heimfahren würden) und der Lärm in dem Lokal lauter und stärker wurde, habe ich mich verabschiedet, bezahlt und ließ mich von meinem Sohn abholen und heimfahren.


    Von so einem Klassentreffen darf man sich nicht zu viel erwarten. Es geht darum die ehemaligen Klassenkameraden wieder mal zu sehen und selbst auch gesehen zu werden. Es wird Smalltalk betrieben und oberflächliche Gespräche entstehen. Ich habe bisher noch nie erlebt, dass durch ein Klassentreffen ein Kontakt für längere Zeit entstanden wäre oder gar eine Freundschaft. Die Leute haben alle ihr eigenes Leben, Familie, Verwandte, Bekannte, Freunde, die für sie sehr viel wichtiger sind als ein ehemaliger Klassenkamerad. Sie fahren heim in ihr Leben und nach einigen Tagen ist das Klassentreffen wieder vergessen.

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