Beiträge von Wally im Thema „Haben Heimkinder eine andere Mentalität als andere Menschen?“

    Bin ich nun ein schlechter Mensch? Oder nur ein Ehrlicher?

    Du bist nur ehrlich und wenn ich ehrlich bin und so manches angebliche Heimschicksal lese, wie schlecht es doch in dem und dem Heim war und das wirklich positive, auch wenn es vielleicht nicht viel davon gab, völlig außer acht lässt. Nicht alles war schlecht im Heim und für manchen mag es vielleicht sogar ein Glück gewesen sein, denn wer weiß was aus ihnen sonst geworden wäre.


    Ja es gab Prügel, ja es gab Missbrauch, eingesperrt sein und was man sich sonst noch an gewalttätigen Dingen einfallen ließ, um Heimkinder klein zu halten, zu demütigen.


    Aber all zwischen diesen Sachen gab es auch schöne Zeiten. Wenn auch nur selten, aber sie gab es und diese werden einfach außer acht gelassen.


    Von Edelmut kann sowieso keine Rede sein. Edelmütig zu sein war doch gar nicht erlaubt. Freundschaften sah man nicht gerne und wurden zerstört. Im Grunde war jeder Einzelne im Heim für sich selbst der nächste. Ein Gemeinschaftsgefühl ließ man doch gar nicht erst auf kommen. Nicht nal im Spiel.


    Ich war auch nicht edel und gut und die Möglichkeit im Heim Jemanden hilfreich zur Seite zu stehen, war gar nicht möglich. Und wenn doch...ja dann gnade dir Gott.


    Mit der Zeit zumindest war es bei mir so, stumpft man durch die Prügelorgien, die fast täglich statt fanden ab. Man sieht nur noch teilnahmslos zu. Da ist kein Gefühl des Mitleids, des helfen wollen. Man sieht einfach gefühllos zu, genauso wie die anderen gefühllos zusahen wenn ich verprügelt wurde.


    Vieles wird in den Heimgeschichten übertrieben oder einfach dazu gemacht, um vielleicht endlich mal die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, oder interessant zu erscheinen, weil man im realen Leben unscheinbar und langweilig ist und man nicht wirklich Freunde dadurch gewinnt.


    So sehe ich das und ich pflichte Hippie voll und ganz zu.

    Es gibt einige Erinnerungsfetzen an die Heimzeit , vieles ist einfach weg. ich kann mich an alles davor und dannach Erinnern, aber diese Zeit in den verschiedenen Heimen ist irgendwo in meinen Erinnerungen verschwunden.

    Ja das kenne ich auch. Es sind einige Jahre, an die ich wirklich nur mit äußerster Anstrengung erinnere und dann sind es oftmals nur flüchtige Erinnerungsfetzen. Vieles liegt im Dunkeln und da kann es auch liegen bleiben.

    denn so ganz glaube ich nicht, dass Du nach brachialer Gewalt, schreien ist auch eine Form von Gewalt, dass Du Dich hinterher nicht schlecht fühlst.

    Ich hatte mal mit Klaus (ja das kommt bei uns auch vor) so richtig Streit. Das war ausgerechnet als wir im Auto saßen. Es ging um ein Thema, wo wir beide eigentlich richtig mit lagen, aber irgendwie wollte jeder seine Meinung durch setzen und bestätigt sehen. Mit Klaus zu streiten ist schwierig, weil man dann nicht mehr zu ihm durch dringt und so ließ ich meine Wut wirklich in einen lauten fast schrillen Schrei los.


    Klaus war total erschrocken und das er nicht vor Schreck auf die Bremse ging und so vielleicht noch einen Auffahrunfall verursacht hätte, war alles. Eine Zeitlang sprachen wir nicht mehr miteinander. Aber dann kam doch der Punkt, wo wir uns darüber aussprachen und feststellten, das der Streit nur entstanden ist, weil jeder beharrlich auf sein Recht, mal wieder Recht zu haben bestand.


    Nein, ich bin heute ruhiger. Ich könnte sonst nicht in der Altenpflege arbeiten, wenn sich angestaute Wut und Aggressinen mich innerlich zerfressen würde. Ich habe selbst daran gearbeit und habe mich Gott sei Dank soweit im Griff.


    Aber manchmal überfällt es mich und es kostet richtig Anstrengung das nich unkontrolliert heraus zu lassen.

    Viele Kinder in Heimen in den Jahren von 1950 bis, ich denke mal bis 1975 wurden geschlagen, gedemütigt, missbraucht. Nicht nur das sie gezwungen wurden, ihren Arsch hinzu halten, sondern auch durch Arbeit,, erzwungenen Gehorsam und damit verbunden, sehr harte Strafen, an die ein Erwachsener vielleicht oft zerbrochen wäre.


    Was mich interessieren würde ist; Wie hat sich dadurch die Mentalität eines Heimkindes zum erwachsen werdenden Menschen verändert? Welche Moral und Ehtik konnte er für sich mitnehmen und akzeptieren?


    Ich selbst war damals in jungen Jahren sehr aggressiv. Diese Aggression richtete sich nicht nur gegen Menschen, sondern auch gegen Tiere. Alles, was mir nicht gleich gehorchen und sich mir unterordnen wollte. ließ mich in unkontrollierte Wutausbrüche ausbrechen. Das war gefährlich und hätte mich in den Knast bringen können. Doch das war mir überhaupt nicht bewusst.


    Die ganze Wut, die ganze Frustration das ganze unterordnen, das ganze Auflehnen, habe ich in all den Jahren gelernt zu übernehmen und weiter zu geben. Als ich in der Pupertät war, war das besonders schlimm. Ich schlug und trat auf alles, was nicht in meine Mentalität passte. Ich übernahm praktisch das Verhalten meiner Erziehungsberechtigten.


    Diese Wut diese Aggression hält eigentlich bis heute an und ich muss mich manchmal gewaltig am Riemen reißen um sie nicht auszuleben.


    Ich weiß es hört sich jetzt schrecklich an. Wenn ich zum Beispiel meinen Hund streichle, sehe ich vor meinen Augen, wie ich sie durch prügele und ihr irgend wie so weh tue, das es mir eine gewisse Befriedigung gibt. Zumindest im Moment.


    Aber ich schlage sie nicht. Ich rede mir gleichzeitig ein, das ich das nicht tun kann, weil das Tier für mein verkorkstes Leben nichts kann. Aber an wen soll ich meinen Frust, meine Angst und meinen Zorn loswerden? Keine Angst, ich habe Leila nie geschlagen. Ich liebe sie.


    Heute gesehen, bin ich ruhig, aber was meiner Mentalität zuwider ist, ist, wenn man mich anschreit, nur weil meinem Gegenüber nicht klar und deutlich auf der Stirne geschrieben steht, was er eigentlich von mir will. Ich will keine Rätsel raten, ich will einfach nur verstehen


    Verändert Heimerziehung die natürliche Persönlichkeit eines Menschen? Entwickelt er dadurch seine eigene Mentalität? I Und wie sieht diese Mentalität aus? Ich weiß das diese Frage niemand wirklich beantworten kann, denn wir sind keine Psychologen, aber Eure Erfahrung mit Euch selbst würde mich sehr interessieren