Beiträge von Hagiel im Thema „Haben Heimkinder eine andere Mentalität als andere Menschen?“

    Ja das kenne ich auch. Es sind einige Jahre, an die ich wirklich nur mit äußerster Anstrengung erinnere und dann sind es oftmals nur flüchtige Erinnerungsfetzen. Vieles liegt im Dunkeln und da kann es auch liegen bleiben.

    Ich glaube, dass diese Erinnerungslücken nicht nur auf Verdrängung zurück zu führen sind, sondern auf die Medikamente geschoben werden können die verabreicht wurden.


    Ich erinnere mich an einige wenige Tage im Säuglingsheim, ich war von meinem fast 2. Lebensjahr bis zum 4. Jahr dort untergebracht. Man könnte sagen, Du warst noch zu klein. Aber seltsam ist, wenn Besuch angesagt war, dann sind diese Tage glasklar in meiner Erinnerung. Andere Tage nicht und ein Tag war sehr schlimm, als ich eine Horrorvision hatte. Wir waren im Garten und ich glaubte, ein riesengrosses Tier hätte sich in meine Wange reingefressen. Ich habe wie am Spieß geschrieen und dann musste ich rein, was trinken und dann wurde ich müde. In Panorama habe ich einen Bericht gesehen, in dem über die Sechziger Jahre die Heimunterbringung das Thema war.


    Lange Rede kurzer Sinn, das Folgeheim ist mit vielen Details in meiner Erinnerung. Ich bin mit 7 Jahren in meine erste Pflegefamilie gekommen. Ich weiss nicht, wie ich mich anderen gegenüber verhalten habe, aber ich bin ein sehr introvertierter Mensch.Vielleicht habe ich mich dort auch sehr viel zurückgezogen.

    Also, selbstverständlich habe ich auch manchmal das Gefühl, ich platze gleich. Ich denke, das ist normal, weil nicht immer alles so läuft, wie ich es gerne möchte. Also unrund. Wenn es dann auch noch ein Tag ist, wo dann alles zusammen kommt, dann ist ein Pegel erreicht, wo ich selber merke, ich muss mal eine Weile rausgehen, alleine sein, mich beruhigen und hinterfragen, ob das Ganze wirklich so schlimm ist, wie ich es gerade empfinde. Oft stellt sich heraus, dass ich mir selber diesen Druck mache und eigentlich gar nicht die Anderen. Im Kopf spielt sich sehr viel ab und oft werde ich gelassener. Sticheleien von anderen überhöre ich schon mal ganz gerne, denn dass ärgert ja besonders, wenn ich nicht darauf einsteige. Bei einer passenden Gelegenheit kann ich dann im ruhigen Ton vermitteln, dass diese Sticheleien unwürdig sind und nicht gerade erwachsen auf mich wirken. Das sitzt.


    Mit Ruhe und Gelassenheit werde ich eher wahrgenommen, als gestresst und vielleicht ungerecht.

    Deine Lebensgeschichte ist sehr extrem, weil nun wirklich alles in Deiner Kindheit vorkam, was einem Kind niemals angetan werden dürfte. Niemals. Sehr mutig von Dir, zu beschreiben, wie diese Auswirkungen heute Dein Leben belasten und ich denke, auch Deiner Familie. Nun so einiges fügt sich, was in einigen Berichten oder Äusserungen von Dir beschrieben wurde. Mein erster Gedanke, nach dem Lesen Deines letzten Berichtes ist, dass Du völlig zerstört worden bist. Du gabst weiter, was Du selber erlebt hast, da Du nichts anderes erfahren hast. Selbst Deine Mutter hat nie bereut, die ja eigentlich die Ursache Deines Leidens ist oder war.


    Ich denke therapeutisch angeleitet, hätte man Dich lehren können, Deine Aggressionen umzulenken, ich denke mal an Kreativität, vielleicht auch Sport oder, oder, um diese Urkraft ausleben zu können, ohne anderen weh zu tun. Lach jetzt nicht, ein Boxsack....an dem hättest Du Dich austoben können. Vielleicht hilft es Dir, wenn es Dich überkommt zu denken, wie würde ich mich fühlen, wenn ich jetzt angeschrieen würde? Genauso geht es jetzt Deinem Gegenüber. Ich denke, mit Ausbrüchen voller Zorn kann Dein Gegenüber nur schwerlich umgehen, denn es erniedrigt den Anderen. In sein Gegenüber sich einfühlen wollen und dann auch irgendwann können, wäre ein gutes Training, denn so ganz glaube ich nicht, dass Du nach brachialer Gewalt, schreien ist auch eine Form von Gewalt, dass Du Dich hinterher nicht schlecht fühlst.


    Ein Jeder kann das nicht aushalten und würde das Weite suchen, um diese Aggressionen nicht immer wieder bei Dir zu erleben. Man braucht Kraft und ganz viel Liebe, um das auszuhalten. Alleine dass Du so offen schreibst, zeigt mir, dass Du das für Dich auch verstehen und vielleicht in andere Bahnen lenken möchtst. Such Dir etwas, dass Dich richtig auspauert mit Spass verbunden, um diese Energien loszuwerden. Das funktioniert, wenn Du es willst.


    Ich für meinen Teil kann mich bei der Gartenarbeit, bei Handarbeiten und Kreativität ausleben. Allerdings habe ich anderes erlebt, zwar auch Gewalt, aber ich konnte schon in jungen Jahren diesen Situationen entkommen und ich habe auch eine Pflegefamilie gefunden, die mir ein Familienleben, wie man es sich wünscht, gezeigt hat. Ich hatte Glück und ich weiss, dass andere dieses Glück nicht hatten.