Weihnachten wie immer

  • Eine schöne Bescherung


    Gesten Abend war ich ja bei meinem Ältesten eingeladen. Zum Essen gab's Gans, wie schon Generationen vorher. Da ich aber so Geflügel nicht mag, hat er mir leckere
    Schweinefilets, umwickelt mit Toskanaschinken, gemacht. Die waren saugut und selten habe ich so was leckeres gegessen. Die Gans sah aber auch echt gut aus...von Weitem und gerochen hat sie auch ganz gut, wenn man sich ne Nasenklammer ansteckte. MS natürlich meint empört, warum immer ich ne Extrawurst haben müßte. Ich sage, besondere Leute bekämen nun mal was Besonderes. Ich bin auf Konfrontationskurs eingestellt und erwarte ihre Gegenantwort.


    Sie schaut mich an, wie in früheren Zeiten, daß einem das Blut gefriert, und mault ziemlich laut, daß das ungerecht sei, weil ich ja nicht blutsverwandt sei! Ich frage,
    was das mit dem Blut zu tun hätte! Ihr Blut bestehe sowieso nur aus roter Ziegenmilch, weil sie immer nur rummeckern täte. Sie zischt mir zu, daß ich gar kein Blut hätte, sondern nur Whiskyadern . Ich denke, gut gekontert, weil ich nämlich kurz vorher ein winziges Schlückchen Whisky zu mir genommen habe. Sie sieht eigentlich immer
    nur das, was sie nicht sehen sollte. Ich sage noch, ob sie wüßte, daß es auch Kinderwhisky gäbe? Ja ja, sagt sie, schon recht, ob ich noch andere Weisheiten auf Lager hätte? Habe ich nicht, ich will ja nicht wieder ne Psychoniederlage hinnehmen müssen. Sie schaut jetzt lieber zum Weihnachtsbaum, den man fast gar nicht mehr sieht,
    wegen der Geschenke, hauptsächlich ihrer.


    MS fängt an zu quengeln, wann sie ihre Geschenke auspacken könne. Sie quengelt eigentlich immer, wenn es nicht so läuft, wie sie will. Sie ist, wie alle anderen kleinen
    Kinder auch, etwas ungeduldig. Aber sie ist überungeduldig, wie die anderen kleinen Kinder nicht. Sie ist ein Sonderfall. Sie ist der Meinung, daß Weihnachten nur für sie da ist. Dabei hat sie keine Ahnung, daß Weihnachten in Wirklichkeit von einer alten Persischen Sekte herkommt. Nun ja, ich denke, das ist ihr egal, Hauptsache es gibt Geschenke, wo dieser Brauch herstammt, ist ihr herzlich wurscht. Raffgieriges Krötenpack! Sie ist auch der Meinung, daß Weihnachten eigentlich mit Erwachsenen nichts zu tun haben sollte. Mein Sohn meint dazu, aber die Geschenke nehme sie aber doch voll mit, oder! Sie ruft empört, die bringe doch der Weihnachtsmann! Er wiederum,
    ist also der Weihnachtsmann nicht erwachsen? Sie, ja, aber der Weihnachtsmann sei ein Sonderfall! Ich denke, klar, so ein Sonderfall wie sie. MS glaubt nämlich noch an diesen Herrn, dabei geht sie schon in die Schule! Ich würde ihr gerne sagen daß ich mit 10 Jahren noch daran glaubte. Aber das ist jetzt nicht der passende Moment. Ich glaube, da würde ich ein Paradoxon heraufbeschwören. Diesen Glauben möchte ich ihr nicht nehmen...noch nicht.


    Nach gut ner Stunde geht’s endlich ans Bescheren. Ca 1.000 Päckchen werden unter den Weihnachtsbaum gelegt. Allein für MS ca 800 und für mich ca 3. Ein gutes
    Verhältnis, weil ich sage mir, lieber Qualität als Quantität. . Es läuft eigentlich wie jedes Jahr. MS wühlt die Päckchen auf, schreit ab und zu; Genau das hätte sie sich gewünscht, oder: Oh nein, das habe ich doch schon! Ich habe ihr nämlich unter anderem nämlich ne gelbe Warnweste gekauft für 1,99 Euro beim Aldi. Oder auch: Was soll ich damit anfangen!


    Sie hat jetzt all ihre 800 Päckchen aufgemacht und sucht mit irrem Blick, wo noch was für sie sein könnte.


    Jetzt kommt für mich der schönste Teil des Abends. Mein Jüngster, der ja immer raffinierte Geschenkideen hat, überreicht mir ein Päckchen mit verdächtig süffisanter Miene. Ich reiße es langsam und gesittet auf, schaue kurz rein, kriege einen Schreck und mach' es wieder zu. Dabei verschütte ich ein Glas Rotwein, Affentaler Spätburgunder Spätlese. Der gute Wein ist futsch, das billige Weinglas nicht. Aber jeder hat das mitgekriegt, natürlich auch MS. Sie ist neugierig, wie alle Kinder, vergißt aber, daß Neugierde auch tödlich sein kann. Sie will wissen, was mich so erschreckt hat. Ich weiß, jetzt habe ich dieses Miststückchen im Sack. Ich hebe ganz langsam den
    Paketdeckel, kann ein gemeines Grinsen nicht unterdrücken und...Sie schreit, schreit unendlich lange, rennt in ihr Kinderzimmer, wirft sich auf ihr Bettchen und schluchzt vor sich hin.. Ich denke, Scheiße, jetzt haste es übertrieben. Sie tut mir nun unendlich leid, ich renne ihr nach und versuche, sie zu beruhigen. Geht nicht, sie weint in einem Fort. Marie, ihre Mama. kriegt jetzt ihren Hintern hoch und will wissen, was da vor sich ginge! Ich sage, eigentlich gar nix, was natürlich total verlogen ist. Sie wirft auch einen kurzen Blick ins Päckchen und fällt voll auf den Hintern. Sie giftet mich ein wenig an und meint, das hätt's nun wirklich nicht gebraucht! Ich sage ziemlich zerknirscht, daß das aber mir der Nickel, also mein Jüngster, geschenkt hätte und wenn ihre Tochter immer alles wissen müßte, dann...


    Ich fühle mich jetzt nicht allzu wohl und wiederum schwöre ich mir, daß ich zu MS niemals mehr gemein sein werde, denn irgendwie mag ich sie. Sie ist einfach ein
    dufte Kind und man kann mit ihr so herrlich diskutieren. Die Diskussion über den Weihnachtsmann werden wir auf später verschieben und ich bin überzeugt, da wird sie mich voll fertigmachen.


    In dem Moment, wo ich das alles schreibe, habe ich immer noch ein schlechtes Gewissen und ich schwöre mir...nur kein Schwur ist ewig bindend


    Was in dem Päckchen letztendlich war, sage ich nicht,vielleicht kann sich das Jemand denken.

    Was der Wille erstrebt, das erreicht er
    ( Donald Duck )

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