Winterliches

  • Winterspaß



    Gestern, also Montag, mußte ich
    nach Freudenstadt fahren. Wer diesen Ort kennt, oder auch nur rein
    geographisch, weiß, daß dieser zur Winterzeit ein recht schnee- und
    eisfreudiger Ort ist. glaube, daß alle Kinder dort gerne wohnen
    würden.


    Ich liebe diese Gegend auch, aber
    nur als Ferienort. Wenn man aber mit einem 40-Tonner dort hin muß,
    bloß weil eine dubiose Firma ausgerechnet jetzt ihr
    Packmateriallager auffüllen muß, kann man schon seine Wut kriegen.


    Schon Freitagabend sage ich zu
    meinem Disponenten, ob er nicht ganz dicht sei, ausgerechnet bei so
    nem Wetter diese Ladung anzunehmen. Ach was, meint der, bis dahin sei
    doch alles wieder frei. Diese unverfrorene Lüge habe ich ihm bis
    jetzt nicht verziehen. Ich überlege mir, ob ich nicht einfach einen
    auf krank oder so machen soll. Wenn ich auch ein Schluri bin, aber
    seit meiner Maurerlehre bin ich in punkto Gewissenhaftigkeit ein
    „leuchtendes“ Vorbild. Ein Bauleiter hatte mich damals
    zusammengestaucht, weil ich über Rückenschmerzen klagte und kaum
    richtig gehen könnte.


    Da kam ich grad an den Richtigen. Er
    zischte mir gefährlich zu, wenn ich so weitermache, solle ich die
    Lehre doch gleich schmeißen. Zehn Minuten später waren die
    Schmerzen seltsamerweise verschwunden. Noch heute bin ich ihm
    dankbar, denn sie haben meine Auffassung von Dienst und Arbeit bis
    heute geprägt. Nur stellt sich die Frage, was hat man letztendlich
    davon, gewissenhaft zu sein bis ans Lebensende? Keiner dankt's und
    dann ist auch egal, wenn man über 50% seines Arbeitslebens
    geschwänzt hat.


    Ich muß um drei Uhr aufstehen, der
    Wecker schrillt gewissenhaft. Am liebsten würde ich ihn gegen die
    Wand knallen, dieses unnützig gewissenhafte Gerät. Tu ich aber
    nicht, weil ein neuer kostet ja auch sein Geld und außerdem erfüllt
    er ja auch nur seine Pflicht, ein Wecker ist niemals krank nur
    solche, die man vergißt, einzustellen.


    Ich schaue sofort aus dem Fenster
    und sehe zu meiner Erleichterung, es hat nicht geschneit und es ist
    sternklarer Himmel. Gut so, sämtliche Wettersorgen umsonst.


    Da ich aber ein ganz Schlauer bin,
    nehme ich den Umweg von Offenburg, die B33 und dann B294 über
    Wolfach u. Alpirsbach bis Freudenstadt. Eine andere Route wäre die
    B28 über Bad Peterstal, Knibis, Alexanderschanze. Der eine oder
    andere wird die Strecken kennen. Das ist allerdings eine der
    berüchtigsten Straßen Deutschlands zur Winterzeit und sogar im
    Hochsommer liegt da Schnee, jedenfalls kann man sich das einbilden.


    Bis Wolfach kann ich mich eigentlich
    kaum beklagen aber ca 10km weiter und 200m höher fängt der Schnee
    und auch Eis zum liegen zu kommen. Es ist nämlich das Blöde, wenn
    es Stein und Bein gefroren hat, dann taut auch nichts weg, was am
    Vortag und Vorvortag runterkam. Außerdem ist es noch stockdunkel,
    weil die Sonne um diese Jahreszeit ganz andere Gegenden beglänzt, wo
    es völlig unnötig wäre.


    Es läuft gut und es dämmert
    langsam, Gottseidank. Noch 15 km bis Freudenstadt, die
    Hinweisschilder sind alle zugeschneit und einer ohne Navigerät wäre
    jetzt voll aufgeschmissen. Aber meins arbeitet treu und brav. Jetzt
    sind Teile der Straße eingeschneit und eingefroren. Man sieht die
    Mittelplanke nicht mehr. Noch 8 km bis zum Ziel und es geht, grad zu
    Leid, steil hoch. Ein Adrenalinschock jagt den Anderen, weil ich
    merke, daß die Reifen ab und zu durchdrehen. Langsam kommt die Sonne
    raus, wahrscheinlich ist die jetzt doch gespannt, wie das mit mir
    weitergeht. Und dann ist es passiert, ich komme nicht mehr weiter und
    stehe am Aufstieg. Mir fiel übrigens auf, daß auf der fast ganzen
    Strecke kein andere LKW unterwegs war, das sind nämlich echt die
    Oberschlauen, mal abgesehen von Kleinlastern, die die Hotels der
    Touristenorte mit Wäsche, Konservenpaletten oder Ähnlichem
    belieferten.


    Nichts geht mehr, aber ich bin ganz
    ruhig, habe genug Kaffee, Zigaretten und Esssachen mit. Ich krieg'
    die Krise und versuche panisch, zu überlegen. Geht aber nicht, weil
    der einzige Gedanken ist der, da bleibs'te jetzt bis zum Frühjahr,
    falls nicht vorher ein Schneeräumer kommt. Aber die machen ja Dienst
    nach Vorschrift, vor 8 Uhr sind die noch im Bett oder am
    Kaffeetrinken.


    Ich zünde mir jetzt mehrere Kippen
    an und denke, nen Grappa zur Beruhigung wär' nicht schlecht, welchen
    ich aber nicht mithabe und Alkohol ist auch in Kriesensituationen
    nicht ganz legal und Kaffee dreht noch mehr auf.



    Fortsetzung folgt.

    Was der Wille erstrebt, das erreicht er
    ( Donald Duck )

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