Zucht und Ordnung in die Truppe bringen.

  • Ein Erlebniss aus Kindheitstagen im Heim.



    Ich mag so 5 Jahre alt gewesen sein. Es war ein herrlicher Sommertag. Highlight des Heimlebens war, wenn einer der wenigen Ausflüge angesagt war. Also dieser besagte Tag war so geplant, dass wir den Nachmittag zu einem Bach laufen wollten, der in der Nähe des Waldes lag, und von Wiesen umrahmt war. Wir waren schon öfter da, und ich kannte diese herrliche Ecke und freute mich dementsprechend. Konnte man doch herumtollen, Schmetterlinge jagen, im Bach plantschen und im Schlamm spielen.


    Einige der grösseren Jungen vertrieben sich die Wartezeit mit viel Lärm und Getobe. Trotz Ermahnung, waren sie nicht zur Ruhe zu bringen. Heute weiss ich, es war sicherlich die Vorfreude und das Warten dauerte ihnen zu lange.


    Es folgte, was kommen musste. Der Ausflug wurde abgesagt, mit der Begründung, dass wir eh nicht hören würden und der Tag im Heim verbracht wird. Ich fing zu weinen an und auch andere jüngere Kinder schluchzten neben mir. Der Kloss ging mir nicht aus dem Hals.
    Dann irgendwann, es war wie ein Wunder, hiess es, es kann losgehen. Wir würden doch losziehen. Meine Freude kannte keine Grenze, und ich war nur glücklich.


    Wir zogen los, sangen unterwegs ein paar Lieder und erreichten irgendwann den Bach. Wir verbrachten den Grossteil des Nachmittages mit spielen, als irgendwann, wie auf ein geheimes Zeichen, sich ältere Heimkinder und auch ein bis 2 Betreuerinnen sich 3 Jungen in die Mitte nahmen, etwas Abseits Richtung Waldesrand, jeder, sich für meine kindlichen Begriffe, riesengrosse Brennnesseltriebe abriss, und dann auf die 3 Jungen damit einprügelte, bis sie nur noch wimmernd am Boden lagen. Das passierte so schnell, dass ich lange Zeit nicht begriff, was sich gerade vor meinen Augen abgespielt hatte. Mir war schlecht und eine unheimliche Angst ergriff mich.


    Das war also das Wunder, warum wir doch noch den Nachmittag am Bach verbringen konnten. Eines könnt ihr mir glauben. der Rückweg verlief mucksmäuschenstill und sehr geordnet. Es wurde nie eine Erklärung geliefert und das Bild hat sich tief in mein Gedächnis eingeschnitten.


    Manchmal habe ich ein Horrorgefühl, und dieses Gefühl erlebte ich an dem Tag zum ersten Mal.

    Herr, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
    den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,

    und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

    Reinhold Niebuhrs Gebet

    Wikipedia

    Einmal editiert, zuletzt von Hagiel (15. Juli 2018 um 08:31)

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