Traurige Gedichte

  • Tief, tief in uns wohnt die Seele.
    Noch niemand hat sie gesehen,
    aber jeder weiß, dass es sie gibt.
    Und jeder weiß auch, was in ihr ist.


    In der Seele,
    in ihrer Mitte,
    steht ein Vogel
    auf einem Bein.
    Der Seelenvogel.
    Und er fühlt alles,
    was wir fühlen.


    Wenn uns jemand verletzt,
    tobt der Seelenvogel in uns herum;
    hin und her, nach allen Seiten,
    und alles tut ihm weh.


    Wenn uns jemand lieb hat,
    macht der Seelenvogel fröhliche Sprünge
    kleine, lustige,
    vorwärts und rückwärts,
    hin und her.


    Wenn jemand unseren Namen ruft,
    horcht der Seelenvogel auf die Stimme,
    weil er wissen will,
    ob sie lieb oder böse klingt.


    Wenn jemand böse auf uns ist,
    macht sich der Seelenvogel ganz klein
    uns ist still und traurig.


    Und wenn uns jemand in den Arm nimmt,
    wird der Seelenvogel in uns
    größer und größer,
    bis er uns fast ganz ausfüllt.
    So gut geht es ihm dann.


    Ganz tief in uns ist die Seele.
    Noch niemand hat sie gesehen,
    aber jeder weiß, dass es sie gibt.
    Und noch nie,
    noch kein einziges mal, wurde
    ein Mensch ohne Seele geboren.


    Denn die Seele schlüpft in uns,
    wenn wir geboren werden,
    und sie verlässt uns nie,
    keine Sekunde,
    solange wir leben.


    So, wie wir auch nicht aufhören zu atmen
    von unserer Geburt bis zu unserem Tod.
    Sicher willst du wissen,
    woraus der Seelenvogel besteht.


    Das ist ganz einfach.
    Er besteht aus Schubladen.
    Diese Schubladen können wir
    nicht einfach aufmachen,
    denn jede einzelne ist abgeschlossen
    und hat ihren eigenen Schlüssel.
    Und der Seelenvogel ist der einzige,
    der die Schubladen öffnen kann.


    Wie?
    Auch das ist ganz einfach:
    mit seinem Fuß.
    Der Seelenvogel steht auf einem Bein.
    Das zweite hat er, wenn er ruhig ist,
    an den Bauch gezogen.
    Mit dem Fuß dreht er den Schlüssel
    zu der Schublade um,
    die er öffnen will,
    zieht am Griff,
    und alles, was darin ist,
    kommt zum Vorschein.
    Und weil alles, was wir fühlen,
    eine Schublade hat,
    hat der Seelenvogel viele Schubladen.


    Es gibt eine Schublade für Eifersucht
    und eine für Hoffnung.
    Es gibt eine Schublade für Enttäuschung
    und eine für Verzweiflung.
    Es gibt eine Schublade für Geduld
    und eine für Ungeduld.
    Auch für Hass und Wut und Versöhnung.
    Eine Schublade für Faulheit und Leere
    und eine Schublade für die
    geheimsten Geheimnisse.
    Diese Schublade wird fast nie geöffnet.


    Es gibt auch noch andere Schubladen.
    Du kannst selbst wählen, was drin sein soll.


    Manchmal sind wir eifersüchtig
    ohne dass wir es wollen.
    Und manchmal machen wir etwas kaputt,
    wenn wir eigentlich helfen wollen.
    Der Seelenvogel gehorcht uns nicht immer
    und bringt uns manchmal
    in Schwierigkeiten...


    Man kann schon verstehen,
    dass die Menschen verschieden sind,
    weil sie verschiedene Seelenvögel haben.


    Es gibt Vögel,
    die jeden Morgen die Schublade
    "Freude" aufmachen.
    Dann sind die Menschen froh.
    Wenn der Vogel
    die Schublade "Wut" aufmacht,
    ist der Mensch wütend.
    Und wenn der Vogel
    die Schublade nicht mehr zuschließt,
    hört der Mensch nicht auf, wütend zu sein.


    Manchmal geht es dem Vogel nicht gut.
    Dann macht er böse Schubladen auf.
    Geht es dem Vogel gut,
    macht er Schubladen auf, die uns gut tun.
    Manche Leute hören den Seelenvogel oft,
    manche hören ihn selten.
    Und manche hören ihn
    nur einmal in ihrem Leben.
    Deshalb ist es gut, wenn wir
    auf den Seelenvogel horchen,
    der tief, tief in uns ist.
    Vielleicht spät abends,
    wenn alles still ist....


    Verfasser; Michal SSunit/ Na'amaGolomb

    "Ich bin nur dafür verantwortlich, was ich sage - nicht dafür, was Du verstehst!

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