Wallys Irrfahrt

  • Wallynchens Irrfahrt


    Ich glaube, es war Mitte der zweiten Woche in Schwerin, genau genommen in Herren- Steinfeld, aber diesen Ort kennt in BW keiner, als ich Wally vorschlug, doch mal an den Badesee zu fahren, an dem sie mit Leila und noch einer Bekannten regelmäßig zum Baden fahren, also im Sommer natürlich. Er sei so herrlich und erholsam und Leila und ihr Freund könnten da nach Herzenslust planschen und raufen. Da ich selbst gerne schwimmen gehe, interessiert mich der natürlich schon, also der See und nicht Leilas Freund.
    Wally freut sich, mir was zeigen zu können und kurz nach dem Frühstück geht’s los. Sie ist eine gute Autofahrerin und kann Klausens großes Auto gut fahren, sagt sie jedenfalls. Sie fährt vielleicht nicht ganz so rasant wie er, aber doch so, daß sie fast alle Randsteine in den Kurven profimäßig schrappt. Sie sagt dann jedes Mal: „Ups...das Auto hält das aus, hat ja dicke Reifen“
    Ich bin beruhigt und sage, daß ich das Klaus nicht petzen werde.
    Sicherheishalber frage ich sie, ob sie den Weg auch kenne. Sie: „Also hör mal, ich war schon 100 mal dort!“ Ich bezweifle diese Stückzahl, sage aber nichts, weil es soll ja ein schöner Tag werden.
    Wir biegen in die Hauptstraße Richtung Schwerin ab und sie sagt, jetzt gehe es gleich rechts in einen Feldweg ein.Indes nach ner Weile: „Hm“ meint sie „Wo ist diese verdammte Abbiegung bloß? Ich meine, sie müßte doch gleich kommen“ Ich sage nichts, allerdings bezweifle ich diesbzgl. ihre Ortskenntnis und ihr Gedächtnis. Beim Skat ist das ähnlich, weil sie sich nie merken kann, wieviel Buben schon gefallen sind.
    Sie fängt an zu fluchen, z.T. recht derb, daß ich mir die Ohren zuhalten muß. Ich bin nämlich etwas vornehmer erzogen worden. „So, jetzt geht’s rechts ab“ sagt sie mit siegessicherer Miene.
    Ich sage, daß ich das auch denke um ihr Mut zu machen. Falsch natürlich, weil wir landen in einer Wohnsiedlung und von See oder entspr. Hinweis keine Spur.
    Jetzt klappern wir alle Rechtsabbiegungen ab, ohne Resultat.
    Dann geht’s geht’s Richtung Innenstadt weiter und ich frage sie, ob sie diesen ominösen See vielleicht mit dem Pfaffenteich, der im Herzen der Innenstadt liegt, verwechselt habe?
    Quatsch“ belfert sie, aber ich würde sie mit meinen dummen Fragen ganz irre machen. Dabei habe ich lediglich mal vor einer halben Stunde gesagt, daß die Ampel jetzt grün sei.
    Zum Glück gelangen wir doch glatt in einen Weihnachtsmarkt rein, also nicht voll rein, weil das verboten ist. Man will sich ja nicht einen Marktbesucher ins Reifenprofil reindrücken, aber vielleicht hätte Wally da auch nur „Ups“ gesagt.
    Wir nutzen die Stunde und bummeln ein wenig durch und kaufen gebrannte Mandeln, wobei wir auch an Klaus denken.Man kann ja nie wissen, ob Wallys Randsteinschrapperei an den Reifen doch einige Spuren hinterlassen hat. Aber von den Mandeln hat Klaus nie eine einzige bekommen, die hat alle Wally vertilgt.Er hat auch nie nach den Reifen geschaut.
    Es ist sehr kalt und wir kommen überein, daß wir nun notgedrungen doch nach Hause fahren um am nächsten Tag diesen See nochmals aufzusuchen.
    Wir fahren also heim, will heißen, Richtung heim.Ich kriege das Stirnrunzeln und frage, sie kenne doch wohl den Weg? Ich frage deshalb, weil sie meiner Meinung nach jetzt hätte rechts abbiegen müssen „Klar kenne ich den, schon 100 mal...“ Wieder die Zahl 100 und die verheißt bei Gott nichts Gutes. Es geht geradeaus weiter und kurz danach stehen wir vor einer Müllhalde oder so.
    Wally fährt rückwärts raus, daß die Reifen quietschen und durchdrehen. Ich denke, daß sie wohl auch gleich durchdrehen wird. An der nächsten Kreuzung fährt sie rechts ab, obwohl geradeaus richtig gewesen wäre und schon sehen wir den Weihnachtsmarkt wieder. Ich sage, wir könnten ja noch da Zuckerwatte kaufen gehen, wenn wir nun mal schon wieder dort sind. „ Zuckerwatte? Was glaubst du, was das Zeugs an den Händen und am Lenkrad klebt!“ Ich sehe das ein, auch weil ich Zuckerwatte nicht mag.
    Also dasselbe nochmal, raus aus der Stadt Richtung Heimat. Die Himmelsrichtung stimmt und wir kommen auf eine Schnellstraße, wo aber nirgends ein Schild ist, wohin die führt. Halt Ossiland.
    Wally sagt: „ Na endlich“ Die Schnellstraße entpuppt sich als Autobahnzu bringer und ich rate ihr, wenn wir auf der Autobahn sind, die nächste Aussfahrt zu nehmen. Die Autobahn ist die A24 nach Hamburg. An der nächsten Ausfahrt will sie ausfahren, was aber nicht geht, weil sie diesselbe verpaßt, weil sie wieder Geschichten über Leila zum besten gibt.
    Na gut, nehmen wir halt die nächste meint sie frohgemut. Ihre Leila ist ihr im Moment wichtiger, vor allem, weil ich zuhören muß und keine Fluchtmöglichkeit habe.
    Bei der nächsten Ausfahrt geht es Richtung Lübeck und Herbertstraße.Sie fragt mich, Leilas Lebensgeschichte kurz unterbrechend, ob ich schon mal auf der Reeperbahn gewesen sei. Ich verneine dies, weil dort das Bier unheimlich teuer sei, vom Whisky und Grappa ganz zu schweigen.
    Ich weiß das von meinem Sohn, der da schon mal war.
    Jetzt ist Leila und ihr Freund wieder dran und ich lehne mich zurück, um ein wenig zu schlafen.
    Hamburg noch 8 km und keine Ausfahrt mehr. In Hamburg angekommen erreichen wir beim Hauptbahnhof einen Kreisverkehr, der laut Wally der größte der ganzen Welt sei, so Wallys Aussage. Er sei so groß, daß man zu seiner Umrundung mind. 10 Minuten bräuchte. Wir fahren drumherum, sie braucht dazu 15 Minuten, weil sie mir die Pracht und Herrlichkeit desselben demünstrieren will, wieder in entgegengesetzter Richtung. Wiedrum 10 Minuten später fährt sie Richtung Lübeck. Ich werfe, nun äußerst besorgt, ein, was wir denn um Gottes Willen in Lübeck wollen!
    Sie sagt siegessicher, daß es da vorher eine Abfahrt gäbe, nach Schwerin. Gibt es aber nicht, weil Schwerin ist wohl zu unbedeutend, um die Autofahrer zu erinnern daß es diesen Ort überhaupt gibt.
    Nach Lübeck noch 7 km und ich freue mich auch mal diese Stadt kennenlernen zu dürfen. Es dämmert langsam und mein Wissensdurst ist spätestens nach der Durchfahrt des Holstentors gesättigt.
    Jetzt habe ich eine glorreiche Idee, nämlich warum schaltet Wally nicht das Navi ein? Sie meint, ja, könne man, aber sie wisse nicht, wie das geht. Klaus mache das immer, wenn überhaupt. Er kennt sich nämlich im letzten Winkel von Meckpomm incl. Hamburg bzw. Norddeutschland aus. Außerdem ist so ein Gerät unter seiner Würde Wer sowas benutzt, verirre sich sogar in seiner eigenen Wohnung. Das verstehe ich voll und ganz, weil Wally hat die Küche erst letzthin durch Zufall entdeckt.
    Ich kriege das Navi hin und jetzt besteht Hoffnung, daß wir vor Mitternacht daheim ankommen.
    Es wurde dann doch nach Mitternacht, weil sie trotz elektronischer Hilfe, drei oder vier Ausfahrten falsch oder in entgegengesetzter Richtung nahm.
    Es beweißt sich wieder mal, daß Frauen auch ohne Technik zu allem fähig sind. Sie müssen nur wollen können und einen guten Beifahrer haben, der ihnen gekonnt unter die Arme greift, gerne diskutiert und die Geduld hat, sich das Thema Leila auch zum hundertsten Mal einzuziehen.

    Was der Wille erstrebt, das erreicht er
    ( Donald Duck )

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