Babysitten

  • Jeder von euch hat sicherlich schon mal ein oder mehrere Babys gesittet (gehütet ) und weiß, daß sowas alles andere als ein Zuckerschlecken ist. Das ist jetzt bildlich gemeint und heißt nicht, daß man nun echt an einer Riesenzuckerstange rumnuckelt und sich die Zähne dabei demoliert. Jeder Zahnarzt sagt, daß Babysitten zehnmal besser sei, als massige Zuckermassen zwischen den Zähnen zerkrachen zu lassen. Ein Vergleich mit Bier oder Grappa lasse ich mir da eher gefallen. Meine Zahnärztin meint sicherlich das selbe,, also nicht Grappa oder Bier, aber ich denke, die hat noch nie so’n Miniteufelsbraten in nächster Nähe gesehen.


    Heute Nachmittag hatte ich das Vergnügen, auf meinen frischen Enkel, 9 Monate alt und dessen Schwester, genannt MS (Miststückchen ) 8 Jahre alt, aufzupassen. Meine nochige Stieftochter, oder wie das heißt, brachte
    mir diese beiden quirligen Gegenstände ins Haus mit den Worten: „Du weißt, was zu tun ist, ich habe alles hier aufgeschrieben, ich muß jetzt los“ Sie wirft mir noch den Kleinen in meine Arme, weil der liebt es, wenn man ihn in der Gegend rumschmeißt und dann lacht er immer so goldig. MS liebt das weniger, weil sie schon zu schwer und nur ein Mädchen ist. Na toll und weg war sie, also die Mama der Beiden. Ich brauche keinen Spickzettel, zumal der mit ner Sauklaue geschrieben war, den kein Mensch lesen kann. Da ich aber vor langer langer Zeit selbst zwei Kinder großgezogen habe, natürlich unter geringfügiger Zuhilfenahme meiner Frau, weiß ich wohl, was Sache ist. Beide schauen mich an, der Kleine mit aufgerissenen und die Große mit skeptischen Augen. Ich frage MS: „Und, paßt dir was nicht?“ „Doch doch, aber was machen wir jetzt?“ Gute Frage, ich frage“ Habt ihr Hunger?“ Das ist eine der typischen Fragen, die man stellt, wenn man nicht weiß, wie’s weitergehen soll. Nein, hungrig seien sie nicht, aber was zu trinken sei nicht von Übel und ich solle mir überlegen, was mein Haushalt so zu bieten hätte. (Sie spricht oftmals äußerst hochgestochen, obwohl sie im Gegensatz zu ihrer Freundin nicht auf ne Eliteschule geht. Mein Sohn hat ihr die gepflegte Ausdrucksweise schon in jungen Jahren eingeprügelt und das mit Erfolg )


    Ich sage, ich hätte noch etwas Cola, Fanta und Sprudel im Kühlschrank. Das Bier erwähne ich nicht, sonst petzt sie das später ihrer Mama und Kinderbier gibt’s noch nicht, außer Malzbier, was ich aber nicht habe, Für einmal Babysitten schaffe ich mir doch nicht dieses klebrige gesundheitsschädliche Zeugs an Sie meint, ob ich denn Apfelsaft da hätte? Habe ich auch nicht, weil das verursacht Blähungen, vor allem der Naturreine von Demeter und so.


    Der Kleine wälzt sich auf der Decke, die ich großzügigerweise für ihn in meinem Wohnzimmer ausgelegt habe. Er blickt sich staunend im Zimmer um und nimmt auch höchst amüsiert unseren Disput wahr. Er versteht zwar
    nichts davon, aber die verschiedenen Tonlagen und wechselnden Lautstärken sind für ihn Unterhaltung pur. Er lächelt, dann lacht er und ein wenig später lauthals. Ich liebe das, ich nehme ihnauf, werfe ihn ein wenig nach oben und er kreischt vor Vergnügen. Mich reitet das Teufelchen und ich schlage MS vor, in den Garten zu gehen, da könne man ihn höher schmeißen, weil es da keine Zimmerdecke gäbe. Ms ist einverstanden , aber ich solle ihn nicht zu hoch werfen, da sie meinen altersbedingten Auffangkräften nicht so recht traue. OK, sie hat recht, dieses neunmalkluge Monster. Der Kleine hat keine Bedenken, ist ja auch ein Bub und er genießt es, wenn ich ihn ca. drei Meter hochkatapultiere. (Was für’n Wor Mehr schaff‘ ich nicht und außerdem will ich ja nicht, daß er bei noch größerer Höhe als Babysatelit in die Umlaufbahn der Erde gerät. Die Mama würde mich da ganz schön tadeln. MS hat anderes zu tun, sie fällt nämlich über meine Johannisbeersträucher her, obwohl die Beeren noch halbrosa sind, was mich aber nicht stört, weil es ist ja ihr Magen.


    Ich schlage jetzt vor, Eisessen zu gehen, weil bei uns gibt es einen hervorragenden Italiener, der im Eismachen total spitze ist. MS findet meine Idee einfach super und jubelt heraus: „Au ja, Schokoeis!“ Ich entgegne, daß es da kein Schokoeis gäbe. Ich sage das deshalb, weil ich selbst kein Schokoeis mag. Ich mag lieber Fruchteis, Zitrone , Himbeer oder Mango. MS schmollt und sagt, dann gehe sie nicht mit. Ich wiederum, das sei nur ein Scherz gewesen und dass es natürlich diese Labbersorte gäbe.


    Der Kleine sitzt im Kinderwagen und ihn interessiert das alles nicht. Ich denke er würde lieber noch eine Weile in der Stratosphäre verweilen. Am Eisstand kriegt MS tatsächlich zwei Eisbollen, Schoko und Vanille. Ich denke bäääh, sag’s aber nicht. Ich selbst kaufe mir drei Bollen, Zitrone, Himbeer und Banane. Banane ist für den Kleinen, weil man muß ja auch an Andere denken. Er fängt an zu quengeln, weil jetzt Keiner mehr ihn in an die Grenzen der Athmosphäre hochbefördert. Das Eis ist für ihn keine Alternative und demonstrativ dreht er den Kopf zur Seite, als ich ihm diese Leckerei in den Mund schieben will, so, als wolle er sagen, friß das Zeug selber. Er wird sowieso unruhig, fängt an, zu schnaufen und dann geht’slos.


    Wie kann ein Baby so ne laute Stimme haben! Was will es damit bezwecken? Gehört sowas zur Selbstentwicklung? MS, ich und die anderen Eiskäufer halten sich die Ohren zu. Ich kann nur hoffen, daß nicht Einer denkt, ich würde das Kind mißhandeln. Mißhandeln tu ich es schon, indem ich ihm verweigere, den Sprung zum Mond zu ermöglichen.


    Ich gebe ihm was zu trinken aus dem Fläschchen, das mir Mama mitgegeben hat. Er nuckelt ein wenig dran, spuckt’s aus, schaut mich giftig an. Ich schau genau giftig zurück und setze dazu extra meine Sonnenbrille auf, weil für Babys bist du dann ein Fremder. Wir gehen zurück in meinen Garten und MS hat die Idee, doch ein Feuer auf meinem Grillplatz zu erzeugen. Sie hat eigentlich immer die besten Ideen, so auch hier. Wir sammeln
    Holz, außer dem Kleinen, das kommt später. Vielleicht wird er ja dereinst ein Feuerteufelchen, so wie ich es war? Jedenfalls beim Flackern wird er ruhig, bekommt die größten Äugchen der Welt und schläft in meinen Armen seelig ein. Ich weiß, jetzt ist die Welt wieder in Ordnung, auch deshalb, weil ich sicher bin, ich habe das süßeste Enkelchen der Welt…wenn es schläft.

    Was der Wille erstrebt, das erreicht er
    ( Donald Duck )

  • Wally

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