Beiträge von Wonzel im Thema „Winterliches“

    Jetzt rufe ich meine Firma an, weil
    die soll auch mal was tun. Sie tut aber nix, weil keine Sau abhebt.
    Das ist immer so, wenn man mal was will, schweigen die sich aus.
    Wahrscheinlich wärmen die jetzt ihren vorgewärmten Hintern im
    Betrieb noch mehr auf und trinken Kaffee. Ich mache jetzt meine
    Standheizung an, obwohl ich gar nicht friere. Aber irgendwas muß man
    ja tun, besser als gar nix. Zur Abwechslung steige ich mal aus und
    betrachte mein Gefährt mit kritischer Miene. So was macht sich immer
    gut, weil es demonstriert Sachkenntnis, wenn auch nur gegenüber sich
    selbst. Weiterhin ist es dumm, daß die Ladung, grad mal 5 to, zu
    leicht ist. Das heißt, die Räder drücken sich nicht richtig in den
    Untergrund rein und drehen durch. Wenn ich 20 to drauf hätte, wäre
    das was Anderes.



    Es ist jetzt taghell und die
    gleißende Sonne lacht frech vom Himmel runter, na ja, von woher auch
    sonst? Mein Navigerät plärrt mich zu allem Überfluß auch noch
    dumm an. Ich solle nach 50m links abbiegen. Na toll, da geht’s voll
    den Abhang runter! Ich erklimme nochmals das Führerhaus, wo mir die
    Hitze der Standheizung entgegenschlägt. Ich knalle etwas überheftig
    auf den Ausmachknopf, weil irgendwie muß ich meinen Frust loswerden.
    Dann wird wieder ausgestiegen, weil hinter meinem Zug ein PKW sich
    frecherweise hinstellt. Ich kriege wieder einen Hals und denke, wenn
    der jetzt mit irgendwelchen blöden Kommentaren kommt, dann lege ich
    den Rückwärtsgang und schiebe ihn sacht aber konsequent den Abhang
    runter. Der Fahrer steigt aus, betrachtet kritisch ( An diesem Tag
    scheint wohl alles kritisch zu gucken ) und fragt mich, na, ob es
    wohl nicht weiterginge? Stecken geblieben, gell? Sch...wetter, gell?
    Sein Gegelle nervt und ich sage langsam Jo...Sein Auto ist ein
    Landrover, wahrscheinlich mit Differentialsperre, sowas kommt
    natürlich überall hoch, auch ne Steigung von 100% ( 45° ) Dazu
    muß man jetzt sagen, daß mein Maschinenwagen zwei Hinterachsen hat
    mit je 2 Zwillingsreifen. Das erkennt auch er und meint, ob ich nicht
    vielleicht eine Hinterachse heben könnte? Viele werden sicherlich
    auf der Autobahn schon das gesehen haben. Sowas macht man, um
    Reifenverschleiß zu reduzieren, aber nur, wenn der LKW leicht
    geladen ist. Ich frage, warum? Na ja, sagt der, dann würde sich der
    Druck der Hinterachse verdoppeln und würde sich entspr. mehr in den
    Schnee reindrücken. Ich kriege einen roten Kopf und meine Wut, weil
    ich selbst nicht daran gedacht habe. Im Fahrerhaus gibt es nämlich
    einen Knopf, wenn man den runterdrückt, hebt sich automatisch die
    hintere Achse. Diesmal drücke ich ganz vorsichtig, weil sonst
    zersplittert er vielleicht. Ich steige wieder aus, um nachzuschauen,
    ob die Achse wirklich oben sei. Sie ist und der Jeepfahrer meint
    dann, jetzt solle ich's nochmals probieren und mind. den 4. Gang
    einlegen. ( Mein Laster hat 8 Voll- und 8 Halbgänge ) Immer noch mit
    rotem Kopf seufze ich, daß man es ja jetzt probieren könne. Er
    stellt sich vor mein Führerhaus und meint, er wolle den Verkehr
    absichern, weil ich müsse nun zügig anfahren, als wenn ich das
    nicht selber wüßte. Immerhin weiß ich etwas. Dann geht’s los und
    siehe da, es funktioniert! Langsam geht’s vorwärts. Im Rückspiegel
    sehe ich, wie der Jeepfahrer den Kopf schüttelt, was er auch darf.
    Er ruft mir noch zu, das nächste Mal die Warnblinkleuchte
    einschalten! Das habe ich auch vergessen! Ich bin ihm unheimlich
    dankbar und denke, egal, in welche miese Lage du kommst, es ist immer
    jemand da, der dir hilft. Womit habe ich das verdient? Und dann noch
    Jemand, der mehr Ahnung hat, als man selber, was ja auch wieder
    ärgerlich ist.


    Dann läuft alles wie geschmiert,
    abladen. Der Verpackungsfritze schnauzt mich allerdings an, wieso ich
    jetzt erst käme? Ich sage, steckengeblieben. Er, ich solle mir ne
    andere Ausrede einfallen lassen! Das stört mich aber nicht mehr,
    denn jetzt bin ich recht gutgelaunt und antworte, daß ich ja den
    ganzen Plunder wieder mitnehmen könne.


    Anschließend neue Ladung in
    Dornstetten und ab nach Hause. Bergab geht’s einfacher,
    vorausgesetzt, man kommt nicht ins Rutschen und donnert den Abhang
    runter. Dann noch lieber aufwärts fahren und stecken bleiben Am
    Heimatort angelangt, stelle ich fest, daß ich vergessen habe, die
    hintere Achse wieder runterzulassen. Das hole ich aber schnell nach,
    bevor's einer sieht

    Winterspaß



    Gestern, also Montag, mußte ich
    nach Freudenstadt fahren. Wer diesen Ort kennt, oder auch nur rein
    geographisch, weiß, daß dieser zur Winterzeit ein recht schnee- und
    eisfreudiger Ort ist. glaube, daß alle Kinder dort gerne wohnen
    würden.


    Ich liebe diese Gegend auch, aber
    nur als Ferienort. Wenn man aber mit einem 40-Tonner dort hin muß,
    bloß weil eine dubiose Firma ausgerechnet jetzt ihr
    Packmateriallager auffüllen muß, kann man schon seine Wut kriegen.


    Schon Freitagabend sage ich zu
    meinem Disponenten, ob er nicht ganz dicht sei, ausgerechnet bei so
    nem Wetter diese Ladung anzunehmen. Ach was, meint der, bis dahin sei
    doch alles wieder frei. Diese unverfrorene Lüge habe ich ihm bis
    jetzt nicht verziehen. Ich überlege mir, ob ich nicht einfach einen
    auf krank oder so machen soll. Wenn ich auch ein Schluri bin, aber
    seit meiner Maurerlehre bin ich in punkto Gewissenhaftigkeit ein
    „leuchtendes“ Vorbild. Ein Bauleiter hatte mich damals
    zusammengestaucht, weil ich über Rückenschmerzen klagte und kaum
    richtig gehen könnte.


    Da kam ich grad an den Richtigen. Er
    zischte mir gefährlich zu, wenn ich so weitermache, solle ich die
    Lehre doch gleich schmeißen. Zehn Minuten später waren die
    Schmerzen seltsamerweise verschwunden. Noch heute bin ich ihm
    dankbar, denn sie haben meine Auffassung von Dienst und Arbeit bis
    heute geprägt. Nur stellt sich die Frage, was hat man letztendlich
    davon, gewissenhaft zu sein bis ans Lebensende? Keiner dankt's und
    dann ist auch egal, wenn man über 50% seines Arbeitslebens
    geschwänzt hat.


    Ich muß um drei Uhr aufstehen, der
    Wecker schrillt gewissenhaft. Am liebsten würde ich ihn gegen die
    Wand knallen, dieses unnützig gewissenhafte Gerät. Tu ich aber
    nicht, weil ein neuer kostet ja auch sein Geld und außerdem erfüllt
    er ja auch nur seine Pflicht, ein Wecker ist niemals krank nur
    solche, die man vergißt, einzustellen.


    Ich schaue sofort aus dem Fenster
    und sehe zu meiner Erleichterung, es hat nicht geschneit und es ist
    sternklarer Himmel. Gut so, sämtliche Wettersorgen umsonst.


    Da ich aber ein ganz Schlauer bin,
    nehme ich den Umweg von Offenburg, die B33 und dann B294 über
    Wolfach u. Alpirsbach bis Freudenstadt. Eine andere Route wäre die
    B28 über Bad Peterstal, Knibis, Alexanderschanze. Der eine oder
    andere wird die Strecken kennen. Das ist allerdings eine der
    berüchtigsten Straßen Deutschlands zur Winterzeit und sogar im
    Hochsommer liegt da Schnee, jedenfalls kann man sich das einbilden.


    Bis Wolfach kann ich mich eigentlich
    kaum beklagen aber ca 10km weiter und 200m höher fängt der Schnee
    und auch Eis zum liegen zu kommen. Es ist nämlich das Blöde, wenn
    es Stein und Bein gefroren hat, dann taut auch nichts weg, was am
    Vortag und Vorvortag runterkam. Außerdem ist es noch stockdunkel,
    weil die Sonne um diese Jahreszeit ganz andere Gegenden beglänzt, wo
    es völlig unnötig wäre.


    Es läuft gut und es dämmert
    langsam, Gottseidank. Noch 15 km bis Freudenstadt, die
    Hinweisschilder sind alle zugeschneit und einer ohne Navigerät wäre
    jetzt voll aufgeschmissen. Aber meins arbeitet treu und brav. Jetzt
    sind Teile der Straße eingeschneit und eingefroren. Man sieht die
    Mittelplanke nicht mehr. Noch 8 km bis zum Ziel und es geht, grad zu
    Leid, steil hoch. Ein Adrenalinschock jagt den Anderen, weil ich
    merke, daß die Reifen ab und zu durchdrehen. Langsam kommt die Sonne
    raus, wahrscheinlich ist die jetzt doch gespannt, wie das mit mir
    weitergeht. Und dann ist es passiert, ich komme nicht mehr weiter und
    stehe am Aufstieg. Mir fiel übrigens auf, daß auf der fast ganzen
    Strecke kein andere LKW unterwegs war, das sind nämlich echt die
    Oberschlauen, mal abgesehen von Kleinlastern, die die Hotels der
    Touristenorte mit Wäsche, Konservenpaletten oder Ähnlichem
    belieferten.


    Nichts geht mehr, aber ich bin ganz
    ruhig, habe genug Kaffee, Zigaretten und Esssachen mit. Ich krieg'
    die Krise und versuche panisch, zu überlegen. Geht aber nicht, weil
    der einzige Gedanken ist der, da bleibs'te jetzt bis zum Frühjahr,
    falls nicht vorher ein Schneeräumer kommt. Aber die machen ja Dienst
    nach Vorschrift, vor 8 Uhr sind die noch im Bett oder am
    Kaffeetrinken.


    Ich zünde mir jetzt mehrere Kippen
    an und denke, nen Grappa zur Beruhigung wär' nicht schlecht, welchen
    ich aber nicht mithabe und Alkohol ist auch in Kriesensituationen
    nicht ganz legal und Kaffee dreht noch mehr auf.



    Fortsetzung folgt.