Beiträge von Wally im Thema „Zucht und Ordnung in die Truppe bringen.“

    Die Hin-und hergerissenheit bleibt.....

    Gefühlsmäßig geht es mir ähnlich wie Hippie. Alles war nicht schlecht. Wir hatten auch schöne und sonnige Zeiten an die ich mich gern zurück erinnere. Weihnachten, Ostern, Geburtstage und Namenstage wurden schon fast liebevoll gestaltet. Die Kehrseite war nur eben, waren die Feiertage vorbei, wars auch mit dem "Liebevollen" vorbei.


    Als ich schon einige Zeit aus dem Heim war habe ich mich oft zurück gesehnt. Ich habe den Schutz vermisst, die Vertrautheit mit allen und dort kam ich wenigstens zurecht (sogar mit den Prügeleien hat man sich abgefunden) aber "Draußen?" Ich bin einmal ins Heim zurück, habe irgendeine abenteuerliche Geschichte erzählt um nur wieder auf genommen zu werden. Das ging natürlich nicht, aber dafür fuhr mich die Heimleitung dann in ein Mädchenaufnahme Heim.


    Heute ist es immer noch so, das ich diesen Schutz von damals brauche, obwohl soviele Jahre vergangen sind und man alt geworden ist. Und wenn Klaus nicht wäre...er gibt mir den nötigen Halt und den Schutz den ich mein Leben nach dem Heim so sehr vermisst habe.

    Es ist schlimm was man so so lesen muss und wie es Hippie, anderen Kindern und Jugendliche erging. Dagegen wirklt sich meine Heimzeit wie ein gemütlicher Spaziergang aus, der hin und wieder von durch geprügelt, in Zwangsjacken gesteckt zu werden oder Erbrochenes wieder vom Boden zu essen, um nur einiges zu nennen, unterbrochen wurde. Später habe ich erfahren muss es auf meiner Station richtig schlimm zu gegangen sein, bis hin zum sexuellen Missbrauch. Aber da war ich schon lange nicht mehr da.

    Wenn ich Eure Zeilen so lese, so denke ich, habe ich Glück gehabt, denn so manches mal ist Euch übler mitgespielt worden, sodass Ihr nicht abschliessen könnt. Ich würde es Euch so sehr wünschen....

    Meine Kindheit verfolgt mich so gar nicht. Sie belastet mich auch nicht wirklich, weil ich ja von Geburt an nichts anderes kannte. Vielmehr die Zeit "draußen" außerhalb des Heimes. Diese Zeit steckt voller negative und auch für mich belastende Ereignisse und Erfahrungen, so das ich immer wieder daran denken muss. Flash backs zu haben ist schrecklich, weil diese Erinnerungen einen einfach so überfallen und alles andere zurück weicht, so das man glaubt wieder in der gleichen Scheiß Situation zu sein. Es wirkt dann alles so nah und realistisch. Man muss sich regelrecht davon losreissen, weil sonst würde man wahrscheinlich noch verrückt werden.

    Ja richtig Flora`s. Mit diesen Begriff bin ich aufgewachsen. Das Wort "Einrichtung bzw. Wohnbereiche" habe ich eigentlich erst gehört, als ich anfing in den "Kinderheimforen" herum zu stöbern. Also im Zusammenhang mit Kindern- und Jugenheime. Es waren immer nur Stationen für mich.

    Was ich daran nicht verstehen kann: Warum haben sich die älteren Kinder gemeinsam mit den Jugendlichen nicht gagegen aufgelehnt, sich gegen ihre Peiniger organisiert? Wenn man erst 3, 5 oder 7 Jahre alt ist, ist man für solche Taten noch nicht reif genug, aber wenn man 12, 14 oder älter ist und schon Jahre lang diese Demütigungen und Schmerzen erleben mußte, dann keimt doch in jedem Heranwachsenden irgendwann der Widerstand, die Auflehnung gegen das Übel. Und gemeinsam kann man ja auch viel mehr erreichen.

    Und wenn alles nichts hilft, gibt es ja immer noch den Fluchttrieb, einfach über Nacht abzuhauen. Hat daran niemand gedacht?

    Also ich kann jetzt nur von mir und meiner Heimzeit erzählen und kann Dir sagen Lucifer, das dies ein Ding der fast Unmöglichkeit war. Freundschaften wurden nicht geduldet, geschweige das man die Köpfe zusammen steckte um zu überlegen, wie man sich dagegen auf lehnen sollte. Es gab grundsätzlich immer irgendwelche Petzer, die von den Nonnen ernannt wurden und die jede Kleinigkeit an die Nonnen weiter gaben. Als ich 13 oder 14 Jahre alt war, tat ich mich mit einem Mädchen aus meiner Station zusammen und wir beschlossen über die Mauer bei bester Gelegenheit zu gehen. Da wir streng von Jungs getrennt waren, hatten wir Mädchen einen eigenen Platz der aus einer großen Wiese einer Schaukel und Rutsche bestand für uns. Auf der Rutsche konnten wir über die Mauer sehen und erfuhren so, das die Welt an der Mauer nicht zu Ende war. Innerhalb wuchsen dichte Büsche und Bäume, so das man ungesehen hätte über die Mauer klettern können. Der Tag kam und wir waren wieder auf dieser Wiese. Das Mädchen, das mit mir abhauen wollte und ich nutzten die beste Gelegenheit, aber wie der Teufel es wollte wurde ich von der diensthabenden Nonne zurück gerufen. Das andere Mädchen rannte weiter und schaffte es über die Mauer zu kommen. Ich habe dieses Mädchen nie wieder gesehen. Aus Befragung und Erzählung weiß ich nur, das dieses Mädchen noch am gleichen Tag von der Polizei aufgegriffen und ins Heim zurück gebracht wurde. Einige Mädchen erzählten dann, das dieses Mädchen von mehreren Nonnen zusammen geschlagen wurde und man nicht wußte was mit ihr weiter geschah.


    Davon ab wo sollte man denn auch hin. Außerhalb der Mauer war uns alles fremd. Wir kannten nichts. Wir waren ja noch nicht mal auf geklärt. So einfach war das nicht.

    Kinder für irgendwelche Arbeit zu versklaven, damit die Heime wirtschaftlich nicht zu Grunde gehen, finde ich genauso schlimm. Da hätte man auch nach einer anderen Lösung suchen können, die nicht auf den Knochen der Kinder gewachsen wäre. Aber es war ja so einfacher und ein Kind damals besaß eh keine Würde und war vielleicht in den Augen von machen nur eine "Sache" mit der man tun und lassen konnte was man wollte, ohne das ein Hahn danach kräthe.


    Mir selbst ging es ja nicht so schlecht als Kind. Als Jugendliche als ich dann Schule beendet hatte, kam ich in die Bügelstube und durfte dann 8 Stunden lang für irgendwelche fremden Menschen Hemden bügeln. Für 8 (DM damals noch) die Woche, die ich nicht mal selbst in die Hand bekam.


    Die Würde des Menschen ist unantastbar. Für ehemalige Heimkinder traf das allerdings nicht zu.

    Es wird ja sehr oft damit begründet, das viele und gerade auch Nonnen und Priester und auch weltliche Erzieher keine pädagogische Ausbildung besaßenund oft überfordert in der Erziehung waren. Überleg mal Hagiel, heutzutage gibt es in den Heimen nur kleine Familien ähnliche Gruppen, aber damals waren die Stationen riesig, (für meine damaligen Begriffe). Aber man muss keine pädagiogische Ausbildung haben um zu wissen, das man Kinder nicht für seine ureigene Triebe und Bedürfnisse missbraucht. Ich kann keine Entschuldigung für diese Verbrechen die an Kindern in den damaligen Heimen begangen wurden finden. Und nur vielleicht, weil diese Kinder in den Augen der Gesellschaft nicht gesellschaftsfähig waren, weil sie entweder unehelich geboren wurden, aus zerbrochenen, kaputten oder armen Familien kamen, oder noch schlimmer, ihre Eltern von Ihnen nichts wissen wollten oder verstorben waren. Ich denke, das die damalige Gesellschaft hier das größte Verbrechen begangen hat, denn mit Sicherheit wußte man schon was sich hinter Mauern und geschlossenen Türen tat und man schaute einfach weg - oder beteiligte sich sogar daran.

    Wenn man überlegt, wie die Nonnen selber gehalten und "erzogen" wurden, so ist ihre, also unsere Erziehung ein Abklatsch dessen, was sie selber erlebt haben. Prügel, Einzelhaft bei Ungehorsam etc.


    Für die Nonnen also "normal", was sie uns angedeihen liessen. Eben, die schwarze Pädagogik. Ich glaube nicht, dass hinterfragt wurde, ob ihr Handeln richtig oder falsch ist.

    Wie die Nonnen selbst erzogen wurden, können wir nicht beurteilen. Aber es gab ihnen trotzdem nicht das Recht im Namen Gottes auf wehrlose Kinder einzuschlagen. Wenn man mal überlegt, manch erwachsener Mensch wäre vielleicht an die Strafen. Prügeleien, Vergewaltigungrn und Missbrauch und eingesperrt sein zerbrochen. Wie stark muss eigentlich eine Kinderseele sein um das alles ertragen zu können?


    Nein es wurde nicht hinterfragt, nicht vom Jugendamt, nicht von der Polizei von Niemanden. Und man wurde ja ganz bewußt von der Aussenwelt und anderen Stationen abgeschottet. Freundschaften wurden kaputt gemacht oder ließ man erst gar nicht zu. Wir waren 30 Mädchen auf einer Station und doch, war jede für sich allein.

    Ein Erlebniss aus Kindheitstagen im Heim.


    Manchmal habe ich ein Horrorgefühl, und dieses Gefühl erlebte ich an dem Tag zum ersten Mal.

    Genau und das verlässt einen nicht. Diese Bilder kommen immer wieder mal hoch. Sie überfallen dich einfach (flash back) und du kannst nichts dagegen machen, weil man plötzlich mitten im Geschehen ist und alles nochmal erlebt.


    Ich erinnere mich z.B daran, das wir (ich war acht oder neun Jahre alt) Mittags von der Heim eigenen Schule kamen, auf Station zu Mittag aßen. Nach dem Essen mussten wir einen Kreis bilden und ich dachte schon das wir entweder etwas singen müssen oder etwas gesellschaftliches spielen würden, wie so manches mal. Ne Pustekuchen. Die Nonne stand im Kreis, schaute sich uns Mädchen an und griff plötzlich nach einem Mädchen und prügelte sie vor unseren Augen fürchterlich durch, solange bis die Kleine sich nicht mehr wehren oder zumindest Abwehrbewegungen machen konnte. Konnte sie eh nicht, weil sie von dieser Prügelattacke selbst überrascht wurde und evtl. sogar unter Schock stand. Als die Nonne sich nun glaubte sich genug verausgabt zu haben, durften sich dann noch 29 weitere Mädchen auf das fast bewußtlose Kind stürzen. Danach wurde sie in einen Nebenraum geschleift und liegen gelassen. Die nächste Zeit kümmerte sich keiner um das zum halb bewußtlos geschlagene Mädchen.


    Wir waren 30 Mädchen, deswegen 29, weil ich mich selbst an solchen Prügelattacken nie beteiligt habe. Aber ich sehe immer noch das hämische und Schadenfrohe Grinsen der Nonne.