Beiträge von floras im Thema „Zucht und Ordnung in die Truppe bringen.“

    Es wurde nie eine Erklärung geliefert und das Bild hat sich tief in mein Gedächtnis eingeschnitten.

    Genau und das verlässt einen nicht. Diese Bilder kommen immer wieder mal hoch. Sie überfallen dich einfach (flash back) und du kannst nichts dagegen machen, weil man plötzlich mitten im Geschehen ist und alles nochmal erlebt.

    Nein es wurde nicht hinterfragt, nicht vom Jugendamt, nicht von der Polizei von Niemanden. Und man wurde ja ganz bewusst von der Aussenwelt und anderen Stationen abgeschottet. Freundschaften wurden kaputt gemacht oder ließ man erst gar nicht zu. Wir waren 30 Mädchen auf einer Station und doch, war jede für sich allein


    und man schaute einfach weg

    Die Würde des Menschen ist unantastbar. Für ehemalige Heimkinder traf das allerdings nicht zu.

    Aber über Kinderheime haben wir damals in unserem Umfeld gar nichts erfahren. Die "existierten" gar nicht für die Bevölkerung,

    Davon ab wo sollte man denn auch hin. Außerhalb der Mauer war uns alles fremd. Wir kannten nichts. Wir waren ja noch nicht mal auf geklärt. So einfach war das nicht.

    Ja, es ist ruhiger im Forum geworden, es wurde viel ausgetauscht, manche haben sich gefunden, manche nicht. Anfangs war ich selbst nicht hier im Forum der Kinderheim-Oase, sondern habe in anderen Foren herumgestöbert.

    Ein "Sich-Wohl-Fühlen" stellte sich bei mir erst in der Oase ein - jetzt Selinas Plaudertreff.


    Die Heimthemen sind in den Hintergrund getreten, man hatte sich kennengelernt oder auch nicht wie z.B. auch auf den Forentreffen oder über Kontakte, die sich ergeben haben.

    Doch die geknüpften Kontakte und Begegnungen hier - sie bleiben und das ist ein Verdienst des Forums und seiner Mitglieder.


    Einige leben nicht mehr, einige sind von Krankheit gezeichnet, bei einigen wissen wir nicht, was mit ihnen ist und wie es ihnen geht - obwohl, wir wüssten es doch gerne.


    Mich haben die Threads von Hippie "Als die Welt noch in Ordnung war ..." und der wieder aufgelebte Thread von Hagiel "Zucht und Ordnung in die Gruppe bringen" wieder ein wenig aufgewühlt, der von Wally geschilderte "Flash back" passt dazu. Man fühlt sich wieder als Kind, trotz der fortgeschrittenen Jahre.


    Ich habe einige Zitate oben nur aus diesem Thread hier eingefügt und "fett" markiert, die deutlich machen, wie hilflos und ohnmächtig Heimkinder waren, teils ohne Perspektive auf späteres Leben, geschweige denn, nach der Entlassung fähig waren mit anderen Menschen sozial zu kommunizieren und die mich erneut aufwühlen und auch wütend machen.


    Und schon ist es vorbei mit der "schlafenden" Ruhe und Langeweile. Die persönlichen Erlebnisse - von Heim zu Heim verschieden - bleiben weiterhin im Hintergrund vorhanden.


    Es ist nie vorbei. Es ist lebenslänglich.

    Mir fällt auf, dass Wally immer von Stationen schreibt.

    Möglicherweise in einigen (vielen) Heimen ein Begriff, den wir heute in Krankenhäusern verwenden, aber wohl auch die Einstellung gegenüber Kinder und Jugendlichen zu der damaligen Zeit.

    Es war damals eine andere Zeit, Lucifer. Gesellschaft, Schule, Heime!


    Freiwillige (!!!) Erziehungshilfe (FEH) gab es schon, aber wenn Eltern nicht einwilligten in die FEH, dann wurde es eben zur Fürsorgeerziehung. Rs gab zwar auch per Forma


    Wer nicht im Heim war, der kann es kaum nachempfinden.

    Mit heutigen Maßstäben lässt sich das nicht vergleichen.


    Das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) gab es noch nicht und die Heimkinder waren schuld, kein Elternhaus.


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    Das Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) regelte von 1961 bis 1991 die Jugendhilfe in Deutschland.

    Es entstand 1922/24 als Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (RJWG) und wurde 1961 zum Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) novelliert. Am 1. Januar 1991 wurde es durch das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) abgelöst.

    Nach den §§ 5 und 6 JWG war der örtliche Träger der Jugendhilfe (Stadt/Landkreise) zuständig und musste auch dafür zahlen.

    Nach § 62 JWG gab es die Freiwillige Erziehungshilfe (FEH) - das verband sich mit der Einwilligung der Eltern/Herkunftsfamilie zur Erziehungsmaßnahme (auch wenn diese nicht immer freiwillig war - aber man vermied damit die Fürsorgeerziehung)

    Nach § 64 gab es die Fürsorgeerziehung (FE) mit einem eigenständigen Erziehungsrecht des überörtlichen Trägers (also auch gegen den Willen der Eltern/Herkunftsfamilie) und nach 1980 nur noch selten angeordnet.

    Die Unterbringung geschah meistens weit weg vom Wohnort ! Und das hatte Folgen !

    Es entstand eine Macht der Träger bzw. der durchführenden Heime - egal, ob staatlich, kirchlich oder sonst irgendwie freier Träger ! Nicht umsonst entstand in der 70-er Jahren die Heimkampagne.

    Für FEH und FE war der überörtliche Träger der Jugendhilfe zuständig - also die Landesjugendämter oder die Landeswohlfahrtsverbände. Sie mussten nun zahlen und nicht der örtliche Träger. Es lässt sich leicht ausmalen, was der örtliche Träger unternehmen konnte/unternahm, damit er nicht in Zahlungspflicht genommen wurde. Es gab dann halt die FEH oder die FE. Aushalten musste es das betroffene Kind.

    Sowohl bei der FEH als auch bei der FE wirkten umstrittene obrigkeitsstaatliche Regelungen.

    Und eben diese umstrittenenen, obrigkeitsstaatlichen Regelungen wirkten in der Durchführung auf die betroffenen Kinder - nicht nur in der Zeit der Heimunterbringung, sondern auch danach.