Also eines muß man den Nonnen in meinem ersten Kinderheim lassen:
Stimmungsvoller konnte man die Advents- und Weihnachtszeit nicht gestalten
und man kann mit Fug und Recht sagen, dass sie da zumindest zeitweilig
andere Menschen waren. Zeitweilig nur deshalb, weil auch in dieser Zeit
gewisse Grausamkeiten allgegenwärtig waren.
Aber zunächst mal das, was mich jedenfalls sehr festlich gestimmt hat:
Jeden Abend im Advent wurden uns entsprechende Lieder beigebracht
(ohne Druck auszuüben auf uns Kinder) und wir alle waren begeistert
mit dabei. Da sind auch so einige Lieder, die heute kaum noch einer kennt
wie z. B. "Christkindlein kommt gegangen..." "Kommt, wir geh' n nach
Bethlehem", "In dem Tannenwald ein Vöglein" und so einige wohl, die
auch mir schon längst nicht mehr einfallen.
Zudem war ein Holzkrippe aufgebaut, und daneben lagen etliche Strohhalme.
Dann war uns freigestellt, allabendlich - sofern wir glaubten, dass wir
"brave Kind" gewesen sind - einen Strohalm in die Krippe zu legen. Ziel
war es, bis zum Heiligen Abend ein weiches Strohlager geschaffen zu haben
für das Christkind.
Manchmal lag dann, natürlich von einem "Engelchen" besorgt, das eine oder andere
Strohhälmchen daneben, was dann natürlich ein Jedes von uns zur Gewissens-
erforschung drängte. Aber wir mussten es nicht zugeben.......................
Der "Heilige Abend" war natürlich der reinste "Staatsakt":
Zuerst ging man am Nachmittag zum Duschen, und ein solche Gelegenheit
war es denn auch, dass ich das Tablett mit den Seifenstücken tragen sollte,
musste, wie auch immer.An dem Nachmittag hatte es kräftig geregnet und da
wir über 2 Höfe (die Spielplätze) gehen mussten zum Haupthaus, wurden
die Seifen nass. Wie es die Natur wollte, rutschten die die zum Teil herunter
zur Erde. Jedes von uns war nun bemüht, die Seifenstücke wider auf das
Tablett zu legen. Aber die nassen Hände............. Nun ja, ihr könnt euch
denken, was dass für ein Spass war für uns Kinder; wenn immer wieder die
Seife aus den Händen flutschte; selbst die sonst so strenge
(Gruppen-)Schwester konnte sich vor Lachen nicht mehr halten.
Nie wieder habe ich sie so herzhaft lachen gesehen. Auch ein kleines,
nein, ein großes Geschenk.
Nach dem Duschen wurde es für uns sehr stressig, wegen des langen Wartens:
Es gab bei uns 6 verschiedene Gruppen - Schüllerinnen I, Schülerinnen II,
Mäd hen 1 und Mädchen 2 und Knaben 1 und Knaben 2. Zur letzteren Gruppe
gehörte ich. Da die sogenannte "Liebe Mutter" - so hatten wir die Hausoberin
anzusprechen - zur Bescherung in allen Gruppen sein wollte und bei "Schülerinnen 1"
angefangen hat, dauerte es und dauerte es bis dass man in der Nähe ein ganz zart
und hell klingendes Glöckchen vernahm. Das war das Signal: Sie ist mit ihrem gefolge
im Anmarsch. Natürlich erst mal zu Knaben 1, die im selben Haus untergebracht waren.
Dann war das lange Warten zu Ende: War das ein Pracht! der Weihnachtsbaum, wenn
auch sehr spärlich geschmückt, aber dennoch mit echten Kerzen; eine Krippe mit
der hl. Familie und Stern, beides beleuchtet ud wir Kinder zogen um die U-förmig
aufgebauten Tische (wir waren immerhin gut 25 Kinder) und sangen dazu das o. g. Lied
und dan bedeutete man uns, vor der Krippe zu halten und mit den Nonnen ein Gebet zu
sprechen. Nix da, vorher war sogar das hinschauen auf die Gabentische verboten.
Aber jetzt, nach dem die Oberin das Signal gab, war zumeist jedenfalls die Freude groß.
Am meisten habe ich mich wohl gefreut, weil ich eine Mundharmonika bekommen hatte:
"Unsere Lieblinge" von Hohner. Ich weiß es noch ganz genauso, als wäre es gestern
erst gewesen. Warunm es so war, weiß ich nicht, aber alnge habe ich nicht gebraucht,
um das Lied "Stille Nacht, heilige Nacht" darauf zu spielen. Jedenfall hat die Gruppen-
schwester noch viele Jahre später behauptet, das sie sicher sei, dass es nicht einmal
3 Tage gedauert hätte. Und noch heute, mit meinen 72 Lenzen spiele ich auf einigen
"Muhas" fast alle mir bekannten Lieder und vor allem natürlich auch Weihnachtslieder.
So, nun mal fürs Erste genug. später folgt noch der wichtige Teil: die Christmette, und wie
ich sie erlebte und in Erinnerung behielt.
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(Bild: Privat/bei 1PS daheim)