Wie schon irgendwo geschrieben, machte ich ab und an mal rüber in's Ausland. Eine Seite an der Donau war Württemberg , die andere Seite war Bayern.
Schnell über die Donaubrücke nach Bayern geflitzt und noch schneller wieder zurück nach Württemberg. Ich war schon ein richtiger Schisser....
Wie in Berlin gab es auch im Ulmer Lager ein Lagerkino--wie in Berlin ging es auch im Ulmer Lager zu. Am Wochenende ein lustiges Beisammensein vor dem Kino...dann Streit und Klopperei.
Ich durfte auch in das Lagerkino. Da gab es mal einen Film..da war irgendwas mit Glocken. Und gesungen wurde auch. Die Frauen links und rechts neben mir plärrten manchmal los und auch ein paar Männer schnieften los. Ich plärrte halt mit---vielleicht musste man es im Kino.
Wir bekamen dann eine kleine Wohnung zugesprochen. Natürlich in einem Wohnblock im Lager. Zwei oder drei Zimmerchen, kleine Küche, Klo.
Bad?? Keine Ahnung.
Eines Tages tauchte einer meiner Onkels auf. Er war der Jüngste von den Onkels und war auch *rüber gemacht*. Erst war er im Ruhrgebiet gelandet --dort lernte er einen jungen Kerl kennen ( mein Onkel war auch erst ca. 20 Jahre alt ) und zusammen liefen und trampten sie nach Ulm. Mein Onkel wusste, das wir in Ulm im Lager waren. ( Meine Tante in Berlin hatte unsere Adresse und die gab sie ihm.)
Onkel fand sofort Arbeit bei der Firma Kääsbohrer in Ulm. Sein Kumpel ist nach wenigen Tagen weitergezogen--niemand hat je wieder von ihm gehört. Das war in dieser Zeit so...jeder war auf der Suche --nach Glück, nach Liebe, nach einer neuen Heimat.
Freitags (oder Samtags ) ging mein Onkel aus- zusammen mit neuen Freunden. Und meistens kam er dann etwas *gerupft* heim. Mal ein blaues Auge, mal eine dicke Nase. Die *Eingeborenen* (Schwaben ) hatten etwas gegen *Reigschmeckte*--Flüchtlinge.
Mein Onkel fand dann ein Zimmer außerhalb des Lagers. Er lernte die Tochter des Hauses kennen und heiratete sie.
Er starb am 23. Januar 2023. An seinem 85. Geburtstag. Krebs--Ich hatte viele Jahre keinen Kontakt mehr zu ihm --nur bei der Urnenbeisetzung meiner Schwester haben wir uns kurz getroffen. Als ich erfuhr, wie krank er war, bin ich zu ihm gefahren. Er hat mir noch viel von meinem Vater erzählt, so das ich endlich wenigstens eine kleinen Teil meiner Familiengeschichte kenne.
Was gibt es noch von Ulm zu schreiben?
Nikolaus ( Ami ) landet mit Hubschrauber--jedes Kind bekam einen Sack mit Geschenken. Aber das habe ich schon alles irgendwo geschrieben.
Ich könnte jetzt die Geschichte in meinen Ordnern suchen, aber ihr kennt sie ja schon.
Meine *Mutter* war die meiste Zeit nicht zu Hause, deshalb kannte ich keine Regeln. Ich stand auf, wenn ich wolllte, ging in's Bett,wenn ich wollte.
Abends verschwand sie meistens um bei Nachbarn irgendwelche Hörspiele im Radio zu hören ( Fernseher gab es nicht. )
Wenn sie dann irgendwann nach Hause kam, sah sie irgendwie zerknittert aus.
Unsere Familie hatte sich vergößert---*Mutter* hat Zwillinge zur Welt gebracht. Sie war sehr sehr lange trächtig....aber das ist eine Geschichte für sich.
Meine zweitjüngste Schwester war eine zeitlang bei meiner Tante in Berlin. Die brauchte meiner Schwester um ihre Sachen aus der DDR zu schmuggeln. Die Sachen in den Kinderwagen, Schwesterchen oben drauf und ab ging es in den Westen.
Aber --wie geschrieben--war Schwesterchen jetzt bei uns. Nun waren wir 6 Kinder, späte kamen noch einige dazu.
Wie immer --der Tag kam: Schulranzen packen--weiter geht's.
Ade, Ulm ....
© Hippie
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